Hydrophobe Verbindungen wie Tacrolimus werden aufgrund ihrer extrem geringen Wasserlöslichkeit häufig schlecht aus dem Gastrointestinaltrakt absorbiert. Umfangreiche pharmazeutische Formulierungs-Studien führten zu der Entwicklung einer Formulierung als feste Dispersion von Tacrolimus in Hydroxypropylmethylcellulose, welche sowohl bei der oralen Absorption als auch bei den Stabilitätsanforderungen überzeugte.1
Die Pharmakokinetik befasst sich mit Freisetzung, Aufnahme, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung eines Arzneistoffes. Diese Prozesse beeinflussen entscheidend die Wirkung von Tacrolimus.2
Absorption von Tacrolimus im kompletten Gastrointestinaltrakt3
Die Absorption fällt unterschiedlich aus und die durchschnittliche Bioverfügbarkeit von oral gegebenem Tacrolimus (untersucht mit der PROGRAF™-Formulierung) liegt im Bereich von 20 – 25 % (individueller Schwankungsbereich bei erwachsenen Patienten 6 – 43 %).2 Sie kann durch Pathophysiologie und gastrointestinale Motilität beeinflusst werden.4
ADVAGRAF™ ist eine Tacrolimus-Formulierung mit verlängerter Wirkungsdauer. Dies führt zu einem verlängerten Resorptionsprofil nach oraler Gabe, wobei die maximale Blutkonzentration (Cmax) im Durchschnitt nach ca. 2 Stunden (Tmax) erreicht wird.2
Die einmal tägliche Dosierung von ADVAGRAF™ kann das Absorptionsprofil verbessern und die intraindividuelle Variabilität reduzieren.3
Die orale Bioverfügbarkeit von ADVAGRAF™ war nach Gabe im Anschluss an eine Mahlzeit verringert. Geschwindigkeit und Umfang der Absorption von ADVAGRAF™ waren bei Gabe mit Nahrungsmitteln beeinträchtigt. Der Gallefluss hat keinen Einfluss auf die Resorption von Tacrolimus, sodass die Behandlung mit oralem ADVAGRAF™ begonnen werden kann.2
Beim Menschen kann die Verteilung von Tacrolimus nach einer intravenösen Infusion durch ein 2-Phasen-Modell beschrieben werden:2
Tacrolimus wird im Organismus weitgehend verteilt. Im Steady-State beträgt das auf die Plasmaspiegel bezogene Verteilungsvolumen ca. 1.300 l (bei gesunden Probanden). Das auf der Grundlage von Vollblutkonzentrationen berechnete Verteilungsvolumen beträgt im Durchschnitt 47,6 l.2
Tacrolimus wird weitgehend in der Leber metabolisiert, hauptsächlich durch das Cytochrom P450 3A4. Ferner unterliegt Tacrolimus in der Darmwand einer erheblichen Metabolisierung.2
Es konnten mehrere Metaboliten nachgewiesen werden, von denen in vitro nur einer eine mit dem Effekt von Tacrolimus vergleichbare, immunsuppressive Aktivität aufweist. Die anderen Metaboliten verursachen nur eine schwache oder keine Immunsuppression. Im systemischen Kreislauf liegt nur einer der inaktiven Metaboliten in geringen Konzentrationen vor. Demnach leisten die Metaboliten keinen Beitrag zur pharmakologischen Wirkung von Tacrolimus.2
Metabolismus von Tacrolimus (modifiziert nach Cervelli M and Russ G. Aus J Pharmacy 2012; 93: 83-86)
Tacrolimus ist eine Substanz mit einer niedrigen Clearance. Bei gesunden Probanden beträgt die durchschnittliche Gesamtkörper-Clearance, die über Vollblutkonzentrationen ermittelt wurde, 2,25 l/h. Bei erwachsenen Leber-, Nieren- und Herztransplantationspatienten wurden Werte von 4,1 l/h, 6,7 l/h bzw. 3,9 l/h ermittelt.2
Faktoren wie ein niedriger Hämatokritwert und geringe Proteinkonzentrationen, die zu einer Zunahme der ungebundenen Fraktion von Tacrolimus führen, oder eine durch Behandlung mit Kortikosteroiden herbeigeführte Verstärkung des Metabolismus sollen für die nach der Transplantation beobachteten höheren Clearance-Raten verantwortlich sein.2
Tacrolimus hat eine lange und von Fall zu Fall unterschiedliche Halbwertszeit. Bei gesunden Probanden beträgt die durchschnittliche Halbwertszeit im Vollblut ca. 43 Stunden. Sowohl nach intravenöser als auch nach oraler Gabe von 14C-markiertem Tacrolimus wurde der größte Teil der Radioaktivität in den Fäzes ausgeschieden. Ca. 2 % der Radioaktivität wurde im Urin eliminiert.2
Der Anteil von unverändertem Tacrolimus im Urin und in den Fäzes lag unter 1 %. Dies lässt darauf schließen, dass Tacrolimus vor der Ausscheidung fast vollständig metabolisiert wird, wobei die Ausscheidung hauptsächlich über die Galle erfolgt.2
Diese Grafik der Tacrolimus-Konzentration im Verlauf nach oraler Gabe veranschaulicht die wichtigsten pharmakokinetischen Parameter:
AUC (Area under the Curve)
Cmin
Cmax
Modifiziert nach Stifft F et al. 2014. Tacrolimus-Konzentration nach oraler Gabe von PROGRAF™ und ADVAGRAF™
Die eingesetzte Tacrolimus-Dosis sollte in erster Linie beruhen auf:2
Modifiziert nach Florman S et al. 2005, Alloway R et al. 2005. Korrelation von Exposition (AUC0-24) und Talspiegel (Cmin) bei PROGRAF™ und ADVAGRAF™
Im Steady-State ist eine stark ausgeprägte Korrelation zwischen Exposition (AUC0-24) und den Talspiegeln Cmin (Steigung der Geraden) von ADVAGRAF™ im Vollblut zu beobachten.2 Auch bei PROGRAF™ korrelieren die Exposition und die Talspiegel gut.9,10
Aus diesem Grund liefert die Überwachung der Talspiegel im Vollblut gute Schätzwerte für die systemische Exposition.2
Die Häufigkeit des Spiegelmonitorings sollte von der Zeitspanne seit der Transplantation und von Änderungen in der Immunsuppression oder der Komedikation abhängen.2
1. Jung HJ et al. Int J Biol Macromol 2016; 83:282–287.
2. Aktuelle ADVAGRAF™ 0,5 mg/1 mg/3 mg/5 mg Hartkapseln, retardiert (Tacrolimus) Fachinformation, Astellas Pharma GmbH.
3. EMA Public Assessment Report zu ADVAGRAF™. Verfügbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-discussion/advagraf-epar-scientific-discussion_en.pdf (letzter Zugriff: Juli 2023).
4. Cervelli M, Russ G. Aus J Pharmacy 2012; 93: 83–86.
5. Stifft F et al. Transplantation 2014; 97: 775–780.
6. Undre NA. Nephrol Dial Transplant 2003; 18(Suppl 1): i12–i15.
7. Laborhandbuch Therapeutic Drug Monitoring. Kantonsspital Aarau. https://www.ksa.ch/sites/default/files/cms/labormedizin/docs/laborhandbuch/toxikologie-labormedizin-ksa.pdf (letzter Zugriff: Juli 2023).
8. Undre NA et al. Transplantation Proceedings 1999; 31: 296–298.
9. Florman S et al. Transplant Proc 2005; 37(2): 1211–1213.
10. Alloway R et al. Transplant Proc 2005; 37(2): 867–870.